Mehr als Mobilität: Was E-Autos heute schon zurückgeben können
Shownotes
In dieser Folge von WATTgoesON - dem elektrifizierenden Podcast für Unternehmen - spricht Moderatorin Kathrin Hanzl mit Patrizia Ilda Valentini, Head of Mobilize bei Mobilize Financial Services Österreich, über Vehicle-to-Grid (V2G) und Kreislaufwirtschaft als zentrale Zukunftsthemen der Elektromobilität.
Wie können E-Autos nicht nur Energie verbrauchen, sondern auch zurück ins Netz einspeisen? Welche wirtschaftlichen Potenziale bietet bidirektionales Laden für Unternehmen - etwa durch Netzdienstleistungen oder Lastverschiebung? Und wie gelingt es, Elektromobilität über das Fahrzeug hinaus zu denken - bis hin zu zirkulären Wertschöpfungsketten für Akkus und Materialien?
Patrizia Valentini gibt praxisnahe Einblicke in neue Energiekonzepte, zeigt auf, wie Unternehmen von intelligenter Ladeinfrastruktur profitieren können und warum Mobilität in Zukunft nicht nur nachhaltig, sondern auch systemisch gedacht werden muss.
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00:00:04: WATTgoesON, der elektrifizierende Podcast für Unternehmen mit Kathrin Hanzl. Herzlich willkommen
00:00:10: bei WATTgoesON, dem elektrifizierenden Podcast für Unternehmen. In der heutigen Folge widmen wir uns
00:00:17: dem Thema Vehicle to Grid, kurz auch V2G – also der Fähigkeit von Elektrofahrzeugen, nicht nur
00:00:23: Strom zu laden, sondern auch Strom zurück ins Netz zu speisen. Welche Vorteile und neuen Chancen das
00:00:30: für Unternehmen bringt, für Energieversorger und auch für das Stromnetz im Allgemeinen und wie das
00:00:35: Ganze in der Praxis funktioniert. Genau darüber werden wir heute sprechen. Außerdem werden wir
00:00:41: uns auch dem Thema der Kreislaufwirtschaft in der Elektromobilität widmen. Wie lassen
00:00:45: sich Akkus weiterverwenden, Materialien zurückführen und Fahrzeuge ganzheitlich denken?
00:00:51: Im Talk heute zu Gast: Patrizia Ilda Valentini. Sie ist Head of Mobilize
00:00:56: bei Mobilize Financial Services Österreich. Das ist der Finanzdienstleister der Renault-Gruppe.
00:01:02: Herzlich willkommen. Herzlich willkommen. Vehicle to Grid gilt als eine Schlüsseltechnologie
00:01:08: im Zusammenspiel von Mobilität und Energiesystem. Doch was steckt da genau dahinter, wenn wir über
00:01:14: bidirektionales Laden sprechen? Wie funktioniert das technisch und welche Bedeutung hat es für die
00:01:19: Netzstabilität – gerade, wenn wir eine höhere Nachfrage nach Strom haben? Du hast es bereits
00:01:25: erwähnt: Es geht darum, dass wir den Strom aus dem Auto irgendwo hinbekommen. Es gibt nicht nur
00:01:31: Vehicle to Grid, es gibt auch Vehicle to Load. Das würde bedeuten, meine Liebe, du kannst den
00:01:35: Strom für deine Kaffeemaschine nützen. Du kannst aber auch den Strom für dein Gebäude verwenden.
00:01:41: Das ist Vehicle to Building, ja? Aber du kannst es eben auch fürs Netz verwenden
00:01:46: und das ist die absolute Königsdisziplin, weil hier müssen ganz viele Komponenten
00:01:51: wie ein feines Orchester zusammenschwingen. Und da brauchen wir folgende Komponenten:
00:01:57: Ein Fahrzeug, das auch diese Technologie an Bord hat. Dann braucht es eine Ladelösung,
00:02:05: die dieses bidirektionale Laden beherrscht. Dahinter brauchen wir dann jenen, der den
00:02:10: Strom abkauft und verkauft. Und dann braucht es irgendwie eine Plattform, wo wir bekannt geben:
00:02:19: „Okay, hallo, ich wäre bereit, dir meinen Strom zu verkaufen.“ Und auf der anderen Seite:
00:02:24: „Hallo, ich bin bereit, den Strom zu kaufen.“ Also, das sind vier Bausteine, die sehr komplex
00:02:31: sind. Die klingen so unfassbar einfach, aber sind ganz schwer in der Realität umzusetzen. Die große
00:02:37: Klammer darüber nennt sich Sektorkoppelung. Ja, weil wir müssen verschiedene Sektoren
00:02:42: miteinander verbinden und das ist einfach richtig die große Herausforderung, die wir derzeit haben,
00:02:48: wenn wir über Mobilitätswende sprechen. Weil eigentlich geht’s hier auch um die Energiewende.
00:02:54: Und welche Vorteile bringt’s jetzt gerade, wenn die Nachfrage nach Strom hoch ist? Wie kann da
00:03:00: das bidirektionale Laden helfen? Ja, wir wollen ja so viel wie möglich erneuerbare Energie erzeugen,
00:03:07: aus Sonne und Wind. Aber das große Problem, das wir dabei haben, ist,
00:03:12: dass wir Sonne meistens bei Tag erzeugen. Und wie bringen wir den Sonnenstrom in die Nacht hinüber?
00:03:18: Und, was ist denn ein Auto für dich? Sehr oft ein Stehfahrzeug, ehrlicherweise. Ja, richtig. Aber
00:03:25: das ist der Vorteil für ein Elektroauto, weil ein Elektroauto ist eine Batterie auf vier Rädern. Und
00:03:30: wenn man es weiterdenkt, ist es ein dezentraler Speicher. Also ein dezentraler Speicher,
00:03:36: der steht und der zu gewissen Zeiten – dann, wenn wir sie eigentlich brauchen – den Strom
00:03:41: hineinbringt. Sprich: zu Mittag, wenn die Sonne scheint, und dann so 18 Uhr,
00:03:46: 19 Uhr vielleicht den Strom zur Netzstabilisierung und zum Ausgleich wieder hineinbringt.
00:03:53: Ja, also ergeben sich dadurch nicht nur neue technische Möglichkeiten, sondern am Ende
00:03:58: auch neue wirtschaftliche Spielräume. Gerade wenn wir über Unternehmen sprechen, die große Flotten
00:04:03: haben. Was könnte denn da für ein Mehrwert entstehen? Gerade in wirtschaftlicher Sicht?
00:04:09: Also in wirtschaftlicher Sicht: Nehmen wir an, wir hätten mal eine große Flotte, ja? Dann muss ich ja
00:04:14: mal wissen: Wann ist meine Flotte in Fahrt und wann steht sie? Also, ich muss meine Standzeiten
00:04:19: und meine Zeiten in Bewegung kennen. Und dann sollte ich auch meinen Stromvertrag kennen,
00:04:24: weil wenn üblicherweise meine Autos zu einer Zeit laden, wo der Strom sehr teuer ist, dann macht das
00:04:30: doch keinen Sinn. Aber wenn meine Autos stehen und ich kann von der PV-Anlage, die ich am Dach habe,
00:04:35: den Strom hineinspeichern und den Strom zu einer Zeit dem Netz zur Verfügung stellen,
00:04:40: wo eigentlich die Preise hoch sind – na dann, hallo, habe ich einen guten Gewinn.
00:04:45: Also, das ist für ein Unternehmen richtig wichtig. Also, wenn ich eine große Flotte habe. Aber es
00:04:49: braucht bitte auch die passende Infrastruktur, denn ohne dem wird’s nicht gehen. Also,
00:04:54: ich brauche schon auch dann vor Ort eine Ladelösung mit bidirektionaler Technologie,
00:05:00: eine IT im Hintergrund, die das mir auch verwaltet. Es braucht ja auch noch ein Lasten-
00:05:04: und Lademanagement. Ja, weil sonst vertue ich mir dann vielleicht die Opportunität,
00:05:10: hier mit der Energie gut umzugehen. Hört sich aber für mich so an,
00:05:13: als ob es diese Investition wert ist, denn nachher kann wirtschaftlich einiges heraussehen.
00:05:17: Welche Chancen bieten sich durch Netzdienstleistungen, Lastverschiebungen oder auch
00:05:21: flexible Tarife? Na ja, ganz, ganz, ganz wichtig, dass wir unsere Frequenz im Netz – also bei 50
00:05:27: Hz – stabil halten. Das ist ja die Hauptaufgabe, nicht? Und hier könnte wirklich dieser dezentrale
00:05:34: Speicher maßgeblich daran beteiligt sein – auch um, wenn z. B. ein Stromausfall ist,
00:05:39: ja, dass er hier beteiligt ist. Aber auch beim Laden und beim Lastmanagement-Ausgleich ganz
00:05:45: wichtig. Die Batterie oder in dem Fall vor allem das E-Auto, ist einfach eine
00:05:49: flexible Energielösung, wenn man so mag. Richtig. Wenn die Unternehmen, vor allem
00:05:52: die größeren Flotten haben, die haben ja auch immer eine Mobilitätsstrategie. Worauf sollten
00:05:58: die jetzt achten, wenn sie das Ladeverhalten, die Betriebszeiten und auch die Energiepreise
00:06:03: künftig als Teil ihrer Mobilitätsstrategie denken sollen? Ich muss ja mal meine Wege kennen. Ja,
00:06:09: wie lang fährt mein Auto? Wie lang steht mein Auto? Wenn es steht, wo steht es? Steht es
00:06:14: im öffentlichen Raum oder steht es bei mir im Unternehmen? Steht es bei mir im Unternehmen,
00:06:19: könnte ich eben die Entscheidung treffen, eine Vehicle to Grid-Technologie zu integrieren. Ja,
00:06:24: dann wunderbar, weil dann kann ich mit meiner Energie komplett anders umgehen,
00:06:28: falls ich auch noch eine PV-Anlage am Dach habe. Ich muss meine IT und meine IT-Infrastruktur,
00:06:36: die dahintersteht, entsprechend ausrichten, damit die Ladeinfrastruktur nach vorne hin
00:06:41: auch dafür funktioniert. Ich sollte meinen Stromvertrag auch noch anpassen. Und es braucht
00:06:48: mit Sicherheit mehr als jetzt den klassischen Flottenmanager, den wir bis jetzt hatten. Weil
00:06:53: ein Flottenmanager der Zukunft ist eigentlich auch ein Energiemanager, ja oder Managerin. Mhm.
00:07:02: Das hört sich jetzt ja alles noch sehr visionär an, aber so weit weg ist ja das gar nicht. Im
00:07:06: niederländischen Utrecht wird V2G bereits im Alltag getestet. Da gibt’s ein gesamtes
00:07:10: Stadtviertel, das quasi wie ein Reallabor dargestellt wird und dort wird bidirektionales
00:07:17: Laden umgesetzt. Was waren da die entscheidenden Erfolgsfaktoren und wo gab’s da auch Hürden,
00:07:22: sei es jetzt bei der Akzeptanz der Nutzerinnen und Nutzer oder auch bei
00:07:25: der Integration des bestehenden Stromnetzes? Utrecht ist ein unglaubliches Projekt und
00:07:34: das ist in seiner Art und Weise weltweit das allererste. Weil wir sprechen hier von einem
00:07:39: Carsharing-Projekt mit Vehicle to Grid. Und wie ich schon vorher erwähnt habe:
00:07:44: Diese Sektorenkoppelungen, die haben wir auch in Utrecht dargestellt durch die Unternehmen.
00:07:49: Also, wenn wir jetzt vom Fahrzeug sprechen – Renault Group in dem Fall. Sonst säße ich ja
00:07:53: auch nicht hier. Renault Group, also hat das Fahrzeug mit dem Onboard-Charger mit Vehicle
00:07:59: to Grid auf der Straße. Dann braucht es natürlich auch die Wallbox oder die Ladeinfrastruktur. Und
00:08:05: in dem Fall haben wir hier We Drive Solar, die haben sogar eine eigene Ladelösung mit
00:08:11: bidirektionaler Funktionalität entwickelt. Ja, also das war mal eine Hürde. Ja, das hat’s
00:08:16: nicht gegeben. Das musste erst entwickelt werden. Dann haben wir MyWheels – das war der Car-IST der
00:08:21: Carsharer und hier war die Herausforderung, die Daten zu teilen mit der Wallbox. Ja,
00:08:28: also das Kommunizieren zu lernen. Also immer: Die Schnittstellen sind immer die heikelsten.
00:08:34: Es geht aber nicht ohne den öffentlichen Raum, also die Stadt Utrecht selber. Dann heißt:
00:08:39: Ich brauche wirklich ein politisches Bekenntnis, dass ich das auch wirklich
00:08:43: unterstütze. Und das brauchen wir, weil sehr viel Risikokapital hier auch investiert wird.
00:08:49: Und wir brauchen da immer auch eine Stadt. Und ohne dem Stromvertrag geht schon gar nicht.
00:08:54: Also Energy Zero – das ist derjenige, der kauft den Strom und verkauft. Ja,
00:09:00: und eigentlich bei jeder Schnittstelle, die ich jetzt erwähnt habe, ist immer eine kleine
00:09:04: Hürde da oder auch größere Hürden. Und die haben wir dann eben erfolgreich genommen.
00:09:09: Und derzeit haben wir 50 R5. Also hier im Hintergrund haben wir die Alpine A290,
00:09:17: das ist der Renault 5 auf Sport, ja. Und der R5 und die Alpine A290 sind Vehicle to Grid-tauglich.
00:09:27: Und in Utrecht sind es 50, die gerade herumfahren. Und allein diese 50 Fahrzeuge haben schon 2.000
00:09:35: Megawattstunden rückgespeisten Strom – ja, in der kurzen Zeit. Und daran sehen wir: Es lohnt sich,
00:09:42: ne? Es zahlt sich aus. Und auch, dass die Bürgerinnen und Bürger das annehmen – scheinbar,
00:09:46: weil es auch Carsharing ist. Ja. Ja. Und vor allem, weißt du was? Die müssen nichts
00:09:49: wissen davon. Die Userin muss gar nichts wissen vom Carsharing. Sie muss nicht eingeschult werden.
00:09:56: Und das ist dann, wo es dann halt auch möglich ist, nicht? Keep it simple and it works. Ja.
00:10:01: Und welche Learnings können aus dem Utrecht-Projekt jetzt auf Österreich
00:10:05: übertragen werden? Ganz viele Learnings. Weil wir haben in Europa eine sehr schwierige Situation.
00:10:14: Vehicle to Grid ist ein Fleckerlteppich. Es ist halt überall ein bisschen anders.
00:10:20: Und daher gilt es: Wir müssen, wir brauchen hier eine Harmonisierung in Europa. Und
00:10:27: in Österreich ist es noch richtig knackig. Wir haben aber jetzt seit September zum Glück
00:10:32: einen Verband – die Vehicle to Grid Allianz. Und hier arbeiten wir doch alle miteinander
00:10:40: von allen Seiten, dass wir das ja auch hier in Österreich schaffen. Also, wir brauchen hier
00:10:45: die gesetzlichen Rahmenbedingungen. Wir müssen die technischen, also die Systemarchitektur, auch noch
00:10:51: klären. Wir müssen die Sprache miteinander noch verstehen – zwischen Auto und der Ladelösung z. B.
00:10:57: Aber wie ich durchhöre: Ihr seid dran. Ja, das ist jedenfalls die
00:11:01: Zukunft. Auf jeden Fall. Auf jeden Fall. Wenn wir über die Zukunft sprechen, sprechen
00:11:06: wir auch sehr bald über Ressourcen. Und genau zu dem Thema würde ich jetzt auch gerne kommen:
00:11:10: Ressourcenverbrauch, Recyclingfähigkeit, Kreislaufwirtschaft – alles zentrale
00:11:14: Themen auch in der E-Mobilität. Und zwar nicht nur aus ökologischer Sicht gedacht,
00:11:18: sondern auch aus ökonomischer Sicht. Wo steht denn in Sachen Kreislaufwirtschaft
00:11:22: die Automobilbranche aktuell? Wusstest du, dass nach dem Hausbau der Fahrzeugbau die
00:11:28: meisten Ressourcen in Anspruch nimmt? Das war mir ehrlicherweise nicht bewusst. Ja, weltweit,
00:11:32: stell dir vor, nimmt die Fahrzeugbranche über 40 % vom Lithium auf. Ja. Von der weltweiten
00:11:39: Produktion. Bei Kupfer sind wir bei 4 %. Jetzt wirst du sagen: Es ist ja eh nichts,
00:11:44: oder? Wahrscheinlich ist es doch hoch, wenn du mich schon so fragst. Du wirst mich aufklären.
00:11:50: Weißt du, wo Kupfer überall drinnen ist? Wir haben es im Düngemittel, wir haben es
00:11:55: in medizinischen Produkten, wir haben es in ganz vielen elektronischen Teilen drinnen.
00:11:59: Kupfer ist die Ressource, wo wir uns die größten Sorgen machen. Ja, also wenn man
00:12:05: jetzt den Forschern Recht gibt, müssten wir jetzt noch 30 Jahre Kupfer haben. Das heißt,
00:12:11: wir stehen hier vor einer echten Aufgabe. Wir können einfach nicht mehr die Ressource ständig
00:12:18: aus der Erde schürfen und sie verbauen. Wir müssen schauen, dass wir aus dem Abfall das Kupfer z. B.
00:12:27: herausholen. Und die Kreislaufwirtschaft denkt Wirtschaft komplett anders.
00:12:33: Also, wenn wir eine Ressource verbauen, dann machen wir das im Ecodesign. Das heißt: schon so
00:12:38: intelligent verbaut, dass wir wissen, wie wir sie am Ende herausnehmen – mit weniger Energieeinsatz.
00:12:44: Dann verbauen wir das in ein Objekt und dann sollte dieses Objekt wirklich auch länger
00:12:49: genutzt werden können, repariert werden können. Und wenn es sogar Teile gibt in diesem Objekt,
00:12:54: die wir für einen zweiten Lebenszyklus verwenden könnten, umso besser.
00:12:58: Das bietet sich beim Elektroauto wunderbar an. Und das Teil wäre hier die Traktionsbatterie. Mit der
00:13:05: Traktionsbatterie kannst du Pufferspeicher bauen. Wunderbar. Da können wir dann diese erneuerbare
00:13:10: Energie in die Pufferspeicher hineinbringen. Und heute ist es so: Wir sehen einen
00:13:15: Pufferspeicher in Fahrt ungefähr 10 Jahre. Pufferspeicher als Puffer – also Batterie,
00:13:22: Traktionsbatterie als Pufferspeicher – stehend weitere 10 Jahre. Und dann erst wird’s dem
00:13:28: Recycling zugeführt, also und kehrt wieder zurück, optimalerweise ins nächste Objekt.
00:13:34: Und die Gruppe Renault hat sich schon 2010 zur Kreislaufwirtschaft verschrieben und hat
00:13:41: eine große Holding errichtet, die sich heute „The Future is NEUTRAL“ nennt. Und wir machen
00:13:49: ganz, ganz viele unterschiedliche Aktivitäten. Und das ist ja eine
00:13:54: Initiative – du hast das gerade genannte „The Future is NEUTRAL“ – die das Ziel verfolgt,
00:13:57: Fahrzeugproduktion und Wertschöpfungskette vollständig zirkulär zu denken. Genau.
00:14:02: Wie schwer oder einfach ist es eigentlich, so eine Initiative im gesamten Konzern umzusetzen?
00:14:08: Es ist eine ganz große Herausforderung, weil du brauchst zuallererst einmal eine Vision. Dann
00:14:15: musst du es mit Zahlen unterlegen, weil dort, wo kein Umsatz ist, dort wird’s auch nicht
00:14:20: mitgetragen. Wenn du es dann soweit hast, dass du es auch darstellen kannst mit einem Businessplan,
00:14:27: dann geht’s in die Umsetzung. Und dann ist ganz viel Change Management notwendig,
00:14:31: weil auf allen Ebenen muss diese Vision – aber dann auch die Umsetzung – erfolgreich sein.
00:14:39: Also vom Fahrzeugbau, von der Fahrzeugproduktion, Verkauf bis hinein ins Autohaus, wo wir heute
00:14:46: sitzen, auch die müssen das mittragen. Ja, also es ist nicht so einfach. Und das hat
00:14:52: auch sehr lange gedauert. Und wenn wir heute auf ein Kreislaufwirtschaftswerk
00:14:57: in der Normandie zurückblicken können – ja, wo wir heute in der Lage sind,
00:15:02: dort Traktionsbatterien aus Gebrauchtwagen, die zurückkommen, umzuwandeln in Pufferspeicher – ja,
00:15:10: das ist echte Königsdisziplin. Und ich möchte noch eine Sache erwähnen,
00:15:15: weil das richtig wichtig ist: Wir haben ein Batteriereparaturzentrum
00:15:19: in Österreich. Ja. Und wir waren eines der ersten der Gruppe Renault. Also wir waren
00:15:24: insgesamt das dritte Reparaturzentrum weltweit. Wir sind so gut, dass wir mittlerweile Batterien
00:15:31: aus den umliegenden Ländern produzieren. Und das Zweite, was ich nicht unerwähnt lassen möchte,
00:15:36: ist ein ganz tolles Projekt, das in Tulln umgesetzt worden ist – vom Renault Autohaus
00:15:43: Kammerhofer gemeinsam mit IonCycle und mit Schmidberger. Und die haben Traktionsbatterien
00:15:49: aus Elektrofahrzeugen in einen Container hineingegeben, und dieser Container dient
00:15:55: heute als Pufferspeicher für die erneuerbare Energie des Autohauses. Ja, und das ist der
00:16:01: allererste Container mit Second-Life-Batterien als Pufferspeicher seitens eines Renault-Händlers.
00:16:09: Das ist wunderbar. Sehr innovativ. Welche Impulse können da jetzt andere
00:16:15: Automobilhersteller oder die Branche als Gesamtes mitnehmen? Da möchte ich ein Beispiel bringen,
00:16:19: nämlich die ElectriCity. Die ElectriCity ist ein Produktionsverbund der Gruppe Renault. Und
00:16:25: wenn wir jetzt z. B. das Fahrzeug R5 hernehmen – den Renault 5 – brauchen wir genau 9 Stunden,
00:16:32: um ein Fahrzeug zu akkordieren. Und hier sind fünf Werke im Hintergrund, die in einem Radius von 300
00:16:38: km ein Fahrzeug produzieren. 80 % der Lieferanten sind hier angesiedelt. Das heißt, heute können wir
00:16:47: sagen: Der R5 ist „Made in Europe“, 80 %. Und das reduziert nicht nur den CO₂-Fußabdruck, sondern
00:16:56: gewährleistet auch eine europäische Produktion. Also: Kauf im Ort, anstatt außerhalb von deinem
00:17:03: Ort einzukaufen. Lokale Produktion und dann vom Auto zum Auto, also Rezyklate direkt aus
00:17:12: der Recycling-Unit hinein in die Produktion. Und innerhalb dieses Verbundes haben wir zwei
00:17:19: Gigafactories. Ja. Wir haben die Assemblage – also die Fahrzeugassemblierung – wir haben die
00:17:26: Powertrains. Und das Ganze zu akkordieren, braucht ein Smart Brain, nämlich das Metaverse. Also,
00:17:32: wir brauchen diese digitale Abbildung, um diese sehr komplexen Prozesse auch abbilden zu können.
00:17:38: Ja, du hast jetzt zuvor schon die Batterien angesprochen – sie sind das Herzstück von jedem
00:17:42: einzelnen E-Fahrzeug. Ganz besonders auch ein kritischer Faktor im Hinblick auf Lebensdauer,
00:17:49: Rohstoffeinsatz und auch Wiederverwertung. Jetzt hast du schon den Second-Life-Ansatz
00:17:53: angesprochen. Was kann denn mit einer alten Autobatterie noch gemacht werden,
00:17:58: vor allem mit deiner E-Autobatterie? Also halt, das klingt so, als würde
00:18:03: man sie wegwerfen wollen. Sag mal lieber: eine Elektroautobatterie,
00:18:07: deren Ladeleistung sich einfach reduziert hat und für Zwecke der Mobilität dann einfach nicht
00:18:13: mehr geeignet ist. Wir reden dann meistens von einer Leistung von 75 %, wo dann die Batterie
00:18:18: auf unter 75 % ist. Aber das ist vollkommen ausreichend dann für einen Pufferspeicher.
00:18:24: Und wenn man jetzt mehrere Traktionsbatterien zusammen verbindet und das in einen ganz großen
00:18:30: Container hineinsteckt, kann man mehrere Haushalte damit versorgen. Die Renault
00:18:35: Gruppe macht solche Container. Und wir haben derzeit mit diesem Pufferspeicher
00:18:40: können wir derzeit 5.000 Haushalte versorgen. Aber man kann auch so weit gehen und sagen:
00:18:45: Wir verwenden das für die eigene Produktion, wenn man selber Photovoltaik
00:18:50: hat und erneuerbare Energie produziert. Wo stehen wir denn heute in Sachen Rücknahme
00:18:56: und Verwertungsketten? Also, ihr macht da schon einiges, aber wo steht die Branche als Gesamtes?
00:19:01: Na ja, als Autobauer: Wir alle sind verpflichtet, dass wir das zurücknehmen müssen. Also, das ist
00:19:07: ganz klar geregelt. Und die Renault Gruppe hat hier ganz klare Prozesse. Also, unsere Fahrzeuge
00:19:15: werden von den Autohändlern zurückgenommen. Und wenn die Batterien entsorgt werden müssen,
00:19:21: dann gehen sie eben nach Frankreich. Bzw. wenn eine Batterie einen Schaden erlitten
00:19:26: hat und nicht mehr transportfähig ist, dann wird ein lokales Recycling vollzogen.
00:19:32: Zum Abschluss unseres Gesprächs habe ich an dich, Patrizia, noch eine sehr persönliche Frage: Und
00:19:36: zwar, was bedeutet es für dich, aus eigener Kraft die Mobilitäts- und Energiewende voranzutreiben?
00:19:42: Verantwortung tragen. Verantwortung tragen technischer Natur, kultureller Natur und
00:19:49: wirtschaftlicher Natur und vor allem sich vor den noch nicht existierenden Rahmenbedingungen
00:19:55: nicht zu fürchten, sondern einfach mit dieser Vision im Herzen trotzdem weitertun und auch
00:20:02: dran glauben und niemals die Hoffnung aufgeben, dass man doch auch noch etwas
00:20:05: verändern kann. Ja, das ist ganz wichtig. Und Mobilität ist einfach mehr. Es ist
00:20:11: eben speichern, es ist teilen und die Energie mitgestalten. Das war
00:20:18: ein wunderbarer Appell. Herzlichen Dank für das Gespräch, Patrizia. Dankeschön.
00:20:22: Zusammenfassend lässt sich sagen, dass E-Mobilität nur dann echten Fortschritt bringt,
00:20:27: wenn sie ganzheitlich über das Fahrzeug hinausgedacht wird, als aktiver Teil des
00:20:32: Stromsystems und auch als Ausgangspunkt für neue Materialkreisläufe. Gerade Vehicle to Grid zeigt,
00:20:39: wie Elektroautos zur stabilen, intelligenten Energiequelle werden können. Und Renault beweist
00:20:44: mit Initiativen wie „The Future is NEUTRAL“, dass Kreislaufwirtschaft in der Automobilindustrie
00:20:50: nicht nur Vision ist, sondern gelebte Praxis ist. Herzlichen Dank an alle Zuhörer:innen und
00:20:57: Zuseher:innen. Vielen Dank fürs Dabeisein. Begleiten Sie uns auf unserer Reise zur
00:21:02: Energie- und Mobilitätswende. Bis zum nächsten Mal bei WATTgoesON.
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